Krankheiten und Behandlungsmöglichkeiten

Kinderlähmung (Poliomyelitits)

  • Krankheitsbild
  • Ursachen
  • Symptome und Verlauf
  • Therapie

Krankheitsbild

Poliomyelitits, kurz Polio, ist der Fachbegriff für die Kinderlähmung, eine schwere Viruserkrankung mit fieberhaftem Verlauf.

Die Krankheit kann, anders als es der Name vermuten lässt, auch im Erwachsenenalter auftreten und hinterlässt dann meist noch gravierendere Schäden. Dank der in den 1960er Jahren eingeführten Massenschluckimpfungen gilt sie in Deutschland und Europa als nahezu beseitigt. Trotzdem wird sie immer noch zu den typischen Kinderkrankheiten gezählt.

In einigen afrikanischen und asiatischen Ländern tritt sie aber immer noch in Form von Epidemien auf, bei denen massenhaft Klein- und Schulkinder betroffen sind.

Auch Jahrzehnte nach einer behandelten Kinderlähmung können Folgeerkrankungen, wie das Post-Polio-Syndorm auftreten.


Diagnostik

Bei schweren Fällen der Polio kann der Arzt eine Diagnose schon anhand der Symptome stellen. Zusätzlich werden Laboruntersuchungen durchgeführt. Das Poliovirus kommt sowohl im Stuhl als auch in den Rachenzellen vor.

Wenn sich die Polio auch auf das Gehirn ausgebreitet hat, muss der Liquor untersucht werden. Damit wird die Flüssigkeit im Rückenmark bezeichnet, die mittels Punktion entnommen wird.

Ursachen

Auslöser der Kinderlähmung ist das Poliovirus, das den Menschen als Wirt zur Fortpflanzung benötigt. Vom ihm gibt es drei verschiedene Arten.

Übertragen wird das Virus hauptsächlich durch sogenannte Schmierinfektionen. In der Regel gelangt es über mit Stuhl verunreinigte Lebensmittel in den Körper.

Eine andere Möglichkeit der oralen Infektion ist der (indirekte) Kontakt mit verunreinigten Gegenständen, die man anfasst. Ist man selbst infiziert, kann man das Virus per Tröpfcheninfektion auf andere übertragen. Dies geschieht beispielsweise durch Husten oder Niesen.

Symptome und Verlauf

  • Fieber
  • Übelkeit
  • Muskel-, Hals- und Kopfschmerzen
  • Nackensteifen
  • selten Lähmungserscheinungen

In mehr als 90 Prozent der Fälle verläuft die Kinderlähmung von den Patienten unbemerkt oder mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, (Muskel-)Schmerzen und Übelkeit. Die typischen Lähmungserscheinungen sind dagegen eher die Ausnahme. Sie treten nur auf, wenn das Virus in das Nervensystem eindringt.


Beim Verlauf muss man zusätzlich zwischen drei Krankheitsbildern differenzieren:

1. Bei der abortiven Polio äußert sich die Krankheit in den ersten zwei bis drei Tagen durch die oben beschriebenen grippalen Symptome. Die Patienten erholen sich nach dieser kurzen Episode relativ schnell, es kann sich aber auch eine paralytische Polio einstellen.

2. Die meningitische oder nicht-paralytische Polio beginnt ebenfalls mit grippalen Symptomen. Dazu kommt eine Hirnhautentzündung (Meningitis) mit Rückenschmerzen, Nackensteife und Spasmen, also Verkrampfungen der Muskulatur. Da sie nicht-paralytisch ist, treten keine Lähmungen auf und der Patient erholt sich binnen weniger Tage.

3. Bei der paralytischen Polio treten ein paar Tage nach der scheinbaren Heilung erneut Fieber und Schmerzen auf. Hinzu kommen die namensgebenden Lähmungen in den Muskeln von Beinen oder Armen, aber auch in Bauch, Brust oder Augen. Bei einem schweren Verlauf kann die Atemmuskulatur beteiligt sein, was dann zu Atemnot und im schlimmsten Fall zum Atemstillstand führen kann. Diese neurologischen Symptome treten bei einem von 1000 Patienten auf, bei wiederum nur rund 5 bis 10 Prozent verläuft die Krankheit tödlich. Die Lähmungen klingen meist ab, sie können aber noch nach Jahren wieder auftreten. Hier spricht man vom sogenannten Post-Polio-Syndrom, dessen Ursachen noch nicht vollständig geklärt sind.

Therapie

Konventionelle Medizin

Es gibt leider keine wirksame Therapie, die zur vollkommenen Genesung führt. Lähmungen, insbesondere die der Atemwege, sollten unbedingt im Krankenhaus behandelt werden.

Wichtig ist der frühzeitige Beginn mit Krankengymnastik und weiteren bewegungsfördernden Therapien. So wird Muskelverkürzungen vorgebeugt. Außerdem müssen die Patienten bei akuten Lähmungserscheinungen regelmäßig bewegt werden, da es sonst zu schmerzhaften Druckstellen (Dekubitus) kommen kann.

Das Fieber sollte nur bei sehr hohen Temperaturen in Absprache mit einem Arzt gesenkt werden, da es der Vermehrung der Viren entgegenwirkt.


Homöopathie

Bei starkem Fieber und auftretenden Lähmungserscheinungen sollte unbedingt ein Arzt zu Rate gezogen werden. Zur Unterstützung der Heilung können auch Naturheilstoffe beitragen. Homöopathisches Quecksilbercyanid und Jodblei können hier eventuell Abhilfe schaffen.


Vorbeugung

Die Impfung gegen Kinderlähmung hat sich als wertvolle Prophylaxe etabliert. Heute wird in der Regel nur noch der Salk-Impfstoff verabreicht, ein Totimpfstoff aus abgetöteten Poliviren. Die Immunisierung erfolgt durch drei Impfungen in den ersten beiden Lebensjahren. Dadurch werden Antikörper gegen die drei existierenden Virusarten gebildet. Die Impfung muss jedoch im Erwachsenenalter wieder aufgefrischt werden.

Auch bei Reisen in Länder, in denen die Kinderlähmung noch verbreitet ist, wird eine Auffrischung empfohlen.