Mutterliebe - so entsteht die Mutter-Kind-Bindung

  • Das Stärkste aller Gefühle
  • Liebeshormon Oxytocin
  • Geben ohne Nehmen
  • Lieben lernen
  • Die Basis aller Gefühle

Das Stärkste aller Gefühle

Sie gilt als die höchste Form der Zuneigung: die Mutterliebe. Durch Uneigennützigkeit und Selbstlosigkeit getragen, ist sie die stärkste emotionale Bindung zwischenmenschlicher Beziehungen. Dennoch ist die Mutterliebe nicht naturgegeben. Die Bindung zwischen Kind und Mutter entsteht erst durch intensive Interaktionsprozesse.

Schon vor der Geburt kann das heranwachsende Wesen im Mutterleib lernen. Zentral sind dabei die mechanischen und seelischen Einflüsse, die eine Mutter während ihrer Schwangerschaft ausgesetzt ist. Durch die Verbundenheit mit der Mutter erfährt der Fötus all ihre emotionalen Zustände und lernt so einiges über die Wesensart seiner Mutter.

Bedingungslose MutterliebeDie Zuneigung, die ein Kind von seiner Mutter erfährt, kann demnach schon im Mutterleib beginnen. So kann eine Schwangere schon vor der Geburt die Bindung zu ihrem Kind stärken, indem sie mit ihm redet oder über ihren Bauch streichelt. In diesem Frühstadium verarbei­tet der Fötus schon emotionale Zuwendungen seiner Mutter und baut so die Basis für Selbstbewusstsein und Lebenswillen auf.

Doch was ist Mutterliebe? Wie entsteht diese Mutter-Kind-Bindung? Können auch Väter Mutterliebe geben? Und welche Einflüsse hat Mutterliebe auf die Entwicklung des Kindes?

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Liebeshormon Oxytocin

Während der Geburt wird durch die Dehnungsprozesses des Muttermundes eine große Menge des Hormons Oxytocin ausgeschüttet. Dieser Botenstoff entsteht im Gehirn und sorgt auch beim Orgasmus für Glücksgefühle. Demzufolge spielt Oxytocin eine wichtige Rolle, wenn sich zwei Menschen aneinander binden.

Als Hormon des zwischenmenschlichen Vertrauens ist Oxytocin für die Mutter-Kind- Bindung von besonderer Bedeutung. Den ersten Hormonschub erfährt die werdende Mutter während der Geburt. Durch die Dehnung der Gebärmutteröffnung wird Oxytocin gebildet und in den Kreislauf geleitet. Auch eine künstlich erzeugte Dehnung der Gebär­mutteröffnung erzeugt eine Ausschüttung des Liebeshormons. Die zweite Dosis Glücks­hormon erfährt die Mutter beim Stillen, wenn das Baby beginnt an ihrer Brust zu saugen.

Zusätzlich werden bei der Geburt Endorphine ausgeschüttet, die schmerzlindernd und angstlösend wirken und den Gebärprozess erleichtern. In den Stunden nach der Geburt befindet sich die Mutter durch den enorm erhöhten Hormonspiegel regelrecht im Rausch­zustand. Wissenschaftler vermuten, dass die frischgebackenen Mütter auf diese Weise die ersten Kontakte mit ihrem Baby als besonders intensiv erleben.


Oxytocin schafft Bindung

Vorfreude auf das BabySogar wenn die Mitmenschen es nicht verdienen, för­dert Oxytocin das Vertrauen in sie. Als sogenanntes „Kuschelhormon“ stellt der Botenstoff soziale Nähe her und bindet auch Liebespaare aneinander.

Vermutlich wirkt das Hormon bei einer Mutter wie eine Art Entschädi­gung für die Strapazen der Geburt. Oxytocin stimuliert die Muskelkontraktionen während des Gebährens und unterstützt die Milchbildung. Das Hor­mon fördert außerdem die Durchblutung der mütterlichen Brust und löst Wärme aus.

Wissenschaftler glauben, dass Oxytocin vor allem durch Berührung freigesetzt wird. So hilft der Botenstoff sich mit anderen Menschen verbunden zu fühlen und unterstützt auch die Mutter-Kind-Bindung hormonell.

Geben ohne Nehmen

Kein anderes Gefühl ist so innig wie die Mutterliebe. Schon während der Schwangerschaft vollzieht sich eine emotionale Wandlung bei der werdenden Mutter. Das heranwachsende Leben im eigenen Leib gewinnt zunehmend an Bedeutung und nimmt bald den zentralen Platz im Leben ein.

In der Wissenschaft spricht man vom „Bonding“ und meint damit die prägende Bindung zwischen Mutter und Kind. Kurz vor und kurz nach der Geburt entsteht ein Hormoncock­tail im Körper der Mutter, der schmerzlindernd wirkt und einen intensiven Glücksrausch bei ihr auslöst.

Durch diesen Trick der Natur verstärkt sich die Mutter-Kind-Bindung schon bei der Ge­burt. Darauf aufbauend wendet die Mutter von nun an all ihre Fürsorge, ihre Geduld und ihre Energie ihrem Kind zu. Sogar unter Schlafentzug und Stress kümmern sich Mütter aufgrund des Bondings aufopfernd um ihr Kind.


Körperkontakt ist wichtigDurch Körperkontakt und Nähe steigt die Eltern-Kind-Bindung

In manchen Fällen braucht es aber auch Zeit, bis eine Mutter ihr Kind auf diese Weise annehmen und lieben kann. Bei Frühgeburten entwickeln manche Mütter sogar eine Abneigung gegen ihr Baby.

Untersuchungen haben gezeigt, dass sich diese zurück­weisende Haltung der Mutter übergangslos ändert, so­bald der erste innige Körperkontakt zu Stande kommt. Aus diesem Grund wird in den meisten Entbindungsstationen darauf geachtet, dass Mütter ihre Frühchen möglichst bald im Arm halten dürfen.

Lieben lernen

Trotz allem sind die Hormone und anderen Reaktionen des Körpers nicht der einzige Weg, über den sich Muttergefühle und Glücksempfindungen entwickeln. Denn Liebe hat auch eine kognitive Seite, wenn eine Mutter lernt mit dem heranwachsenden Kind zu interagieren.

Nach der Geburt stellt sich die bedingungslose Zuneigung für das Baby nicht auf Knopf­druck ein. Ein Kind zu lieben ist ein Prozess, der langsam reifen muss.

Besonders das allmähliche Bewusstsein dafür, dass ein Baby ohne die Zuwendung von Mutter und Vater hilflos ist, stärkt die Eltern-Kind-Beziehung und macht es möglich, dass adoptierte Kinder genauso geliebt werden können wie leibliche.


Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehrDie Liebe des Vaters ist genauso wichtig wie die der Mutter

Vätern fehlt der leibliche Hormoncocktail der Schwan­gerschaft und trotzdem können sie – genau wie Mütter –eine intensive Bindung zu ihrem Kind aufbauen, denn die Eltern-Kind-Beziehung ist erlernbar.

Während der Schwangerschaft kann der werdende Va­ter zu dem Baby sprechen und über den Bauch seiner schwangeren Partnerin streicheln und so schon ersten Kontakt zu dem Ungeborenen herstellen. Nach der Ge­burt sollte der Vater ganz der Familie gehören und die Mutter unterstützen. Durch für­sorgliches und verantwortungsbewusstes Verhalten kann der Vater sich seiner Familie widmen.

Die zunehmenden Erfahrungen mit seinem Kind haben zudem auch hormonelle Auswir­kungen auf den Körper. So steigt der Oxytocinspiegel des Vaters, was zu mehr Vertrauen und Bindung zu dem heranwachsenden Wesen führt.

Die Basis aller Gefühle

Die Mutter-Kind-Bindung prägt entscheidend unser Leben. Das Fürsorgeverhalten wird von Generation zu Generation weitergegeben und geht weit in die Evolution zurück. Die Mutterliebe gilt so als Ursprung der Zuneigung, die alle anderen Formen von zwischenmenschlichen Bindungen hervorgebracht hat.

Mutterliebe ist demnach die Gefühlsbasis, auf der sich alle weiteren emotionalen Bezieh­ungen und Bindungen im Leben entwickeln. Als älteste Form der Liebe ist sie auch der Ausgangspunkt für die romantische Zuneigung zwischen Erwachsenen. Sie beein­flusst und steuert das Einfühlungsvermögen, die soziale Kompetenz, das Selbstvertrauen und Mutterliebe ist die Grundlage für Vertrauen in unsere Mitmenschenauch die Selbstregulation des Kindes und schützt dadurch vor aggressivem Verhal­ten.

Eine emotionale Bindung eines Kleinkinds zu einer Be­zugsperson ist demzufolge entscheidend für die wei­tere Entwicklung und die beste Voraussetzung dafür, Vertrauen zu anderen Menschen aufbauen zu können. Viele Erwachsene mit Bindungsproblemen in ihren Partnerschaften haben als Kind häufig keine solide Mutterliebe erfahren. Aber auch schon im Kindes- und Jugendalter macht sich eine unsi­chere Mutter-Kind-Bindung durch aggressive Verhaltensauffälligkeiten bei den Heran­wachsenden deutlich.

Aus diesem Grund sollten Wechsel von Bindungs- und Erziehungspersonen so gering wie möglich gehalten werden. Eine sichere Mutter-Kind-Beziehung schützt vor Ab­hängigkeit und fördert das emotionale Ausdrucksvermögen sowie das eigene Bindungsverhalten im späteren Leben.

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