Expertenmeinung

Eine computergesteuerte Hightech-Streckbank

von: Dr. med. Ivo Breitenbacher , Orthopädie, Sindelfingen

Rund 80 Prozent der Menschen sind im Laufe ihres Lebens von Rückenschmerzen betroffen. Im Gegensatz zu vielen anderen Erkrankungen, bei denen in den letzten Jahrzehnten durch bessere Gesundheitsaufklärung und neue Therapieformen die Zahl der Betroffenen zurückgegangen ist, ist die Zahl der „Rückenkranken“ jedoch unvermindert hoch.

Im Experteninterview informiert Herr Dr. med. Ivo Breitenbacher, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, über ein innovatives Therapieverfahren.


Sie behandeln Patienten mit Rückenbeschwerden auf dem SpineMED-Table. Was ist das genau?

Der SpineMED-Table ist im Grunde eine Art computergesteuerte Hightech-Streckbank, die uns ermöglicht, gezielt den betroffenen Wirbelsäulenabschnitt anzusteuern und hierbei das betroffene Bandscheibenfach sanft und kontrolliert über eine exakt berechnete Zugspannung auszudehnen.

Zudem vermeiden Muskelwiderstandssensoren eine schmerzhafte Gegenspannung, wie sie zum Beispiel bei anderen oder auch älteren Traktionssystemen vorkommen kann. Durch diese Prozedur werden die Bandscheibe und die Nervenstrukturen entlastet und lokale Selbstheilungs- und Regenerationsprozesse in Gang gesetzt.

Außerdem wird der Vorfall verkleinert oder zurückverlagert. Wir nennen diesen Vorgang, der zu einer raschen und anhaltenden Schmerzreduktion oder sogar Schmerzfreiheit führt, Dekompression und Repositionierung.


Bei welchen Krankheitsbildern wird das Gerät eingesetzt?

Das Gerät kann bei den verschiedensten Beschwerdebildern erfolgreich eingesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise Bandscheibenabnutzungen, Vorwölbungen und Vorfälle der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule, Facettensyndrome, Wurzelreiz- und/ oder Kompressionssyndrome, das heißt Ischiasschmerz.

Es wird auch verwendet bei HWS- und LWS-Syndrom sowie nichtknöcherner und/oder leichtgradiger Spinal- und Foramenstenose.


Der SpineMED-Table scheint ja besonders bei Bandscheiben-Problemen zu helfen. Was kann er denn speziell in dem Bereich tun?

Durch Druckentlastung der Bandscheibe kann der gestörte Nährstoff- und Sauerstoffaustausch über Diffusion wieder stimuliert und die natürlichen Heilprozesse wieder in Gang gesetzt werden.

Zudem begünstigen Rehydratation, das heißt Flüssigkeitsaufnahme, und Dekompression die Rückverlagerung sowie die Verkleinerung von Bandscheibengewebe und damit auch eine Druckentlastung von nervalen Strukturen.


Wie verbreitet ist denn das Gerät schon?

In den USA ist der SpineMED-Table in zahlreichen Praxen und Kliniken bereits seit Jahren höchst erfolgreich im Einsatz. Wir sind Erstanwender in Baden-Württemberg seit März 2010. Gegenwärtig wird das System von insgesamt gerade mal 12 Praxen bundesweit eingesetzt.


Quelle: Wirbelsäule & Rücken - Eine Sonderveröffentlichung des Reflex Verlages, Oktober 2010