Krankheiten und Behandlungsmöglichkeiten

Angsterkrankungen

  • Krankheitsbild
  • Ursachen
  • Verlauf/Folgen
  • Konventionelle Therapie
  • Komplementäre Therapie

Krankheitsbild

Angststörungen oder Angsterkrankungen sind Überbegriffe für psychische Störungen, deren zentrales Symptom die Angst ist. Es gibt unbestimmte Ängste, konkrete Furcht (Phobien) und/oder Angststörungen mit Panikattacken.

Einer Studie der WHO zufolge litten im Jahr 1996 11% der Bevölkerung unter einer generalisierten Angststörung oder Panikattacken. Die Dunkelziffer kann allerdings als hoch angenommen werden, da nicht jede Angsterkrankung erkannt, benannt, fachmännisch betreut und demnach erfasst wird. Durch dieses fehlende oder oft sehr späte Aufsuchen von Fachärzten oder Psychotherapeuten ist die Behandlung vielmals kompliziert.

Frauen leiden doppelt so häufig wie Männer an Ängsten. Nur selten beginnt eine Störung nach dem 40. Lebensjahr.


Symptome

  • Schwindel
  • Schweißausbrüche
  • Erröten
  • Herzrasen und beschleunigter Puls
  • Zittern
  • verringerte Belastbarkeit
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Mundtrockenheit
  • Hitzewallungen
  • Sprachbeeinträchtigungen
  • Atembeschwerden
  • Beklemmungsgefühl
  • Brustschmerzen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Bewusstseinsstörungen und Wahnvorstellungen

Ursachen

Ängste haben vielfältige Ursachen. In der Psychoanalyse finden sich folgende Erklärungsversuche zur Entwicklung von Ängsten:

Angst entsteht unter anderem durch den inneren Konflikt des Betroffenen zwischen den eigenen Sehnsüchten und Begierden und andererseits den daraus entstehenden Gefühlen wie Schuld, Bedrohung oder Bestrafung. Lässt sich in Situationen wie Stress kein Kompromiss beider Seiten im Betroffenen selbst finden, entwickeln sich Angsterkrankungen.

Lerntheoretische Ansätze beziehen sich meist auf ausgeprägte Phobien. Demnach werden Kinder durch das Verhalten ihrer nahestehenden Mitmenschen (Eltern, Geschwister, Mitbewohner) konditioniert, ohne je selbst negative Erfahrungen gemacht zu haben. Fürchtet sich beispielsweise ein Elternteil wahrnehmbar vor Spinnen, kann das Kind durch reines Beobachten eine eigene unbegründete Angst vor Spinnen entwickeln.

Da Ängste im Allgemeinen gehäuft familiär auftreten, wird eine potentielle Vererbbarkeit angenommen. Körperliche Symptome wie Herzrasen und Schweißausbrüche resultieren somit aus einem geschwächten vegetativen Nervensystem, das angeboren ist.


Diagnostik

Die Unterscheidung von Angsterkrankungen erfolgt nach Inhalt und Ausmaß der Ängste und Störungen.

Den entscheidenden Schritt, Ängsten zu begegnen, geht der Betroffene selbst. Er/Sie sollte Scham, Zweifel und Verdrängen überwinden und das Gespräch mit einem Psychologen oder Facharzt suchen.

Aufgrund der hohen Anzahl der Angsterkrankten, die diesen Weg (noch) nicht wählen, bleibt es nicht selten bei der Diagnose von meist körperlichen Symptomen wie Schlafstörungen und deren Behandlung. Um die eigentliche Ursache, die Angst, anzupacken, braucht es die Offenheit des Patienten und die Vertrauenswürdigkeit des Arztes.

Verlauf/Folgen

Bekannt sind folgende Unterscheidungen:

  • übermäßige Angst vor bestimmten Objekten oder Situationen (phobische Störung)
  • unkontrollierbare Ängste, die Panik und vollkommene Hilflosigkeit auslösen (Panikstörung)
  • Ängstlichkeit, die den gesamten Alltag beeinflusst (generalisierte Angststörung)

Welche Form vorliegt, ergibt sich aus den unterschiedlichen Auffälligkeiten in der Wahrnehmung, im Verhalten und Empfinden sowie den körperlichen Anzeichen des Betroffenen.


Phobien

Unrealistische oder der Bedrohung unangemessen intensive Ängste bezeichnet man als phobische Störungen. Betroffene sind sich dieser meist bewusst, unterliegen jedoch einer kaum beeinflussbaren Zwanghaftigkeit und weiten ihre Angstzustände oft auf immer weitere Objekte oder Situationen aus. Typische Auslöser sind Hunde oder auch Menschenmengen und öffentliche Orte (Agoraphobie).

Die Agoraphobie kann sogar zur Folge haben, dass sich Betroffene gar nicht mehr nach draußen begeben und nur in der Familie Halt finden. Ähnliche Isolation ist auch bei Sozialphobien möglich. Menschen mit sozialer Phobie meiden Orte und Situationen in Gesellschaft und mit zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen aus Angst, gewissen Erwartungen nicht gerecht werden zu können. Momenten, in denen sie zu viel Aufmerksamkeit und räumliche Nähe (Referate, Vorträge, selbst Gespräche) erwarten, gehen sie aus dem Weg. Nicht selten leiden Menschen mit Sozialphobie auch an Depressionen.

Des Weiteren unterscheidet man spezifische isolierte Phobien. Sie bezeichnen Ängste vor ganz bestimmten Dingen, Lebewesen oder Umständen. Eingeteilt werden sie in Tierphobien (Spinnen, Schlangen, Hunde, Mäuse etc.), Naturphobien (Donner, Gewitter, Wald, Wasser etc.), situative phobische Störungen (Fahrstuhl, Höhe, Arztbesuch, Flüge, Dunkelheit etc.) und die Gruppe der Verletzungs-, Blut- und Spritzenphobien. Auch hier wissen Betroffene meist von ihren Ängsten, suchen aber erst bei außerordentlichen Einschränkungen ihres Alltags Hilfe auf.


Generalisierte Angststörungen

Anhaltende und verselbständigte Angstzustände bezeichnet man als generalisiert. Betroffene sorgen und fürchten sämtliche Situationen, Umstände und Probleme des Alltags und erleiden somit eine ununterbrochene Anspannung und Unruhe. Stimmungsschwankungen, körperliche Beschwerden und weitere psychische Symptome sind meist die Folge. Die Ängste sind ab einer Dauer von mindestens einem halben Jahr generalisiert und werden nicht selten chronisch.


Panikstörungen

Panikattacken sind extreme körperliche Angstanfälle, die oft keinen realen Auslöser brauchen. Diese spontanen Angstanfälle beginnen abrupt und halten Betroffene meist mehrere Minuten in einem Ausnahmezustand des Körpers, gleich eines Flucht- oder Kampfmechanismus.

Konventionelle Therapie

Zur Behandlung von Angststörungen kommen neben Selbsthilfegruppen und Sport im Allgemeinen folgende Formen in Frage.

Psychotherapeutische oder auch psychoedukative Verfahren versuchen vor allem, Betroffene über ihre Erkrankung zu informieren, um sie so zu befähigen, mit ihr umzugehen. Als besonders effektiv erwies sich bisher der verhaltenstherapeutische Ansatz.


Verhaltenstherapie

Eine Verhaltenstherapie kann verschiedene Techniken anwenden. Bei der systematischen Desensibilisierung entwickeln Betroffene und Therapeut zunächst eine Hierarchie der Ängste, von weniger bis stark angstauslösend. Mit Hilfe einer Entspannungstechnik (oft die progressive oder Tiefenmuskelentspannung nach Jacobson) soll den Auslösern der Angst begegnet werden - von leicht bis stark.

Dabei werden die Angstsituationen so lange simuliert, bis die Betroffenen die eigene Entspannung bis zur Angstlosigkeit halten können und keine Angst mehr verspüren. Die Reizkonfrontation verfährt ähnlich, kann aber auch bedeuten, dass keine Abstufung stattfindet oder mit der am stärksten angstauslösenden Situation oder Sache begonnen wird. Eine dritte Möglichkeit findet sich in der Übung der Sozialkompetenz.

Variationen von alltäglichen Situationen zwischenmenschlicher Natur werden in Gruppen, mit Rollenspielen und in Gesprächen erzeugt, sodass Betroffene ihre kommunikativen und empathischen Fähigkeiten und besonders ihr Selbstbewusstsein und ihre Selbstpräsentation und -behauptung trainieren können.


Tiefenpsychologisch fundierte Therapie

Verfahren mit tiefenpsychologischen Ansatz orientieren sich an Erklärungsansätzen der Psychoanalyse. Gemeinsam gehen Betroffene und Therapeut auf die Suche nach inneren Konflikten, die Ursache für Angst sein können.

Angstauslösende Dinge oder Situationen können als Symbole für bereits Erfahrenes und dann Verdrängtes stehen, meist aus der Kindheit und in Bezug auf das Elternhaus. Die Bearbeitung dieser tief verankerten Ursachen macht diese Therapieform zu einer nachhaltigen, aber auch langwierigen.


Medikamentöse Therapie

Die Behandlung mit Medikamenten ist grundsätzlich keine dauerhafte Lösung und keine Behebung des Problems. Aufgrund des meist hohen Suchtpotentials der Mittel sollte mit Vorsicht dosiert werden. Neben Angstlösern (Anxiolytikum) und Beruhigungsmitteln (Tranquilizern) kommen vorwiegend Antidepressiva zum Einsatz.

Komplementäre Therapie

Homöopathie

Folgende homöopathische Mittel können der Heilung von Angsterkrankungen dienen: Der blaue Eisenhut (Aconitum napellus), der graue Amber (Ambra grisea), das Mutterkorn (Secale cornutum), die Therapie mit Bachblüten, der gefleckte Gauklerblume (Mimilus) sowie das gelbe Sonnenröschen (Rock Rose).


Pflanzenheilkunde

Eine akute Heilung oder Beruhigung können pflanzliche Mittel kaum bewirken. Jedoch kann ein dauerhafter und langfristiger Einsatz in Kombination mit anderen Behandlungsmaßnahmen förderlich wirken. Empfehlenswert sind Baldrian, Hopfen und Melisse in unterschiedlichen Darreichungsformen wie Tee, Tropfen oder auch Tabletten. Als Angstlöser hat sich auch der Rauschpfeffer (Kava-Kava) einen Namen gemacht. Kontroverse Debatten um die Nebenwirkungen, vor allem Leberschäden, sollten Vorsicht bei der Einnahmedauer und -dosis walten lassen.

Auch ätherische Öle können heilend wirken. Für eine Aromatherapie sind Zypresse, Lavendel, Bergamotte, Sandelholz, Weihrauch, Benzoe, Majoran, Patschuli, Muskat-Salbei, Geranie, Wacholder, Rose, Geranie, Neroli und Ylang-Ylang geeignet.

Der biochemischen Heilweise nach Schüßler folgend gibt es gegen Angst vor allgemeiner Enge Calcium phosphoricum D6, bei Angst vor Atemnot Kalium sulfuricum D6 und gegen ungenügenden Mut Kalium phosphoricum D6.

Weitere alternative Behandlungsmaßnahmen sind die Ohrakupunktur, therapeutische Massagen sowie Vollbäder (Hydrotherapie) mit Ölen ähnlich der Aromatherapie (Lavendel, Baldrian, Melisse).