Nägelkauen – was steckt dahinter?

Nägel kauen - was steckt dahinter?Nach Einschätzung von Experten sind fast 30 Prozent aller Kinder und Jugendlicher sowie 10 Prozent der Erwachsenen vom Nägelkauen betroffen. Onchyophagie ist der wissenschaftliche Fachausdruck dafür und bezeichnet das Kauen oder Abbeißen der Fingernägel und der umliegenden Haut. Entgegen früherer Annahmen – es handle sich um ein Symptom ernster psychologischer Probleme – gehen Psychologen heute eher von einer schlechten Anti-Stress-Gewohnheit aus. In Einzelfällen kann aber auch eine Verhaltensstörung (Zwangshandlung) vorliegen.

Obwohl das Nägelkauen in der Psychologie bisher nur wenig erforscht worden ist, sind sich Experten darin einig, dass es für die meisten Betroffenen nur eine Art Leerlaufhandlung darstellt. Es handelt sich also um eine Angewohnheit, die als Begleitsymptom von Stress und Überforderung auftritt, indem durch Nägelkauen eine gewisse Befriedigung und sofortige Entlastung erreicht wird. Das heißt, das Nägelkauen wird unbewusst zum Abbau von Spannungen genutzt.

Häufig merken Betroffene erst, dass sie (wieder) an den Nägeln gekaut haben, wenn es bereits blutet und stark schmerzt. Denn das Kauen selbst geschieht in der Regel unbewusst. Erst hinterher stellen die Betroffenen meist den von ihnen verursachten „Schaden“ fest. Hinter dem Kauen an den Nägeln steckt aber oft nur eine schlechte Angewohnheit, hin und wieder können aber auch ernste Ursachen der Auslöser sein.


Was steckt dahinter?

Nägelkauen kann ganz unterschiedliche Ursache haben, die einerseits völlig harmlos, andererseits aber auch Ausdruck einer Verhaltensstörung sein können. Das gelegentliche Nägelkauen gewöhnen sich Kinder häufig schon in sehr jungen Jahren an und in den folgenden Jahren kann diese Angewohnheit schlimmer werden, hört dann aber im Jugendalter oft wieder auf.

Dieses gelegentliche Nägelknabbern kann schlichte Gewohnheit oder der Ausdruck von Langerweile sein. Darüber hinaus kann Nägelkauen seine Ursache aber auch in Situationen haben, in denen das Kind oder der Jugendliche Schwierigkeiten mit seiner Umgebung hat. Auch bei Erwachsenen tritt diese harmlose Form des Nägelkauens auf. Dabei handelt es sich um eine Übersprunghandlung, die ihre Ursache in Nervosität, Stress oder Verlegenheit hat.

Anders sieht das aus, wenn das Nägelkauen exzessiv betrieben wird und beinahe schon aggressive und selbstverletzende Züge annimmt. Dabei kauen Betroffene nicht nur an den Nägeln, sondern verletzen auch die Nagelhaut, was Nagelbettentzündungen zur Folge haben kann. In diesem Fall sollte den Ursachen unbedingt näher auf den Grund gegangen werden.

Wird das Nägelkauen etwa zum Zwang und Ausdruck dessen, dass sich im Fall eines Kindes, dieses sich völlig in sich zurückzieht – beispielsweise weil es mit einer schwierigen familiären Situation wie Trennung oder Scheidung nicht zurechtkommt –, sollte unbedingt fachliche Hilfe hinzugezogen werden.

Auch Erwachsene können von einer krankhaften Form des Nägelkauens betroffen sein. So kann dieser Verhaltensweise beispielsweise eine Psychose oder Neurose zu Grunde liegen. Dies wiederum kann seinen Ursachen in traumatischen Erlebnissen, wie Missbrauch oder körperliche Gewalt, haben. Auch in diesem Fall sollte fachliche Hilfe in Anspruch genommen werden.


Nägelkauen ist oft nur ein schlechte AngewohnheitWie kann man das Nägelkauen stoppen?

Handelt es sich beim Nägelkauen um eine Angewohnheit, die weitestgehend unbewusst geschieht, gibt es einige Hilfsmittel, mit denen man dem unbewussten Kauen Einhalt gebieten kann. So gibt es bestimmte Tinkturen, die man auf die Nägel auftragen kann und deren bitterer Geschmack vom Knabbern abhalten soll. Auch eine regelmäßige Nagelpflege kann jene, die unbewusst an den Nägeln kauen, beim Versuch diese Marotte abzulegen, unterstützen.

Oft hilft es auch, das eigene Verhalten zu analysieren und herauszufinden, in welchen Situationen man an den Nägeln kaut. Schließlich kann man sich eine alternative Beschäftigung suchen, zu der man immer dann greift, wenn man eigentlich gerade wieder an den Nägeln kauen wollte.


Unter Umständen Verhaltenstherapeut konsultieren

Ist das Nägelkauen eine ernste Zwangshandlung, die der Betroffene nicht kontrollieren kann und besitzt die Ausprägung des Nägelkauens bereits krankhafte und selbstverletzende Züge, sollte eine Psychotherapie in Betracht gezogen werden. Dort wird dann die tiefer liegende Ursache für das Nägelkauen untersucht und behandelt.

Sind Kinder betroffen, sollten deren Eltern zunächst darauf achten, in welchen Momenten Kindern an den Nägeln kauen und mit ihnen darüber sprechen. Behutsames Nachfragen und das gemeinsame Bewältigen möglicher Konfliktsituationen kann Kindern helfen, mit Spannungssituationen anders umzugehen.

Sofern keine psychologischen Erkrankungen dem Nägelkauen zu Grunde liegen, kann auch gemeinsam mit den Kindern nach Ablenkungsmöglichkeiten gesucht werden, so können etwa Holz- oder Plastikgegenstände zum Einsatz kommen, die die Finger beschäftigen und so vom Nägelkauen ablenken.