Krankheiten und Behandlungsmöglichkeiten

Offene Wirbelsäule

  • Krankheitsbild
  • Ursachen/Diagnose
  • Symptome und Beschwerden
  • Leichte Formen der offenen Wirbelsäule
  • Schwere Formen der offenen Wirbelsäule
  • Verlauf
  • Folgeerkrankungen
  • Therapie

Krankheitsbild

Eine offene Wirbelsäule (Wirbelspalt) liegt vor, wenn sich bei dem Embryo während der Schwangerschaft die Verbindung von Wirbelsäule und Rücken­mark (Neuralrohr) nicht schließt.

Die knöchernen Wirbelkörper haben sich im ersten Schwangerschaftsmonat nicht geschlossen, was dazu führt, dass das Rückenmark offenliegt oder lediglich durch eine dünne Hautschicht geschützt ist.

Die offene Wirbelsäule tritt häufig im Bereich der Lendenwirbel auf, ist jedoch nicht auf sie beschränkt.

Die Erkrankung umfasst ein breites Spektrum von relativ leichten Schädigungen bis hin zu schweren Defekten.

Die offene Wirbelsäule äußert sich in unterschiedlich stark ausgeprägten Krankheitsbildern:

  • Spina bifida occulta (offener Rücken) und Dermalsinus
  • Meningozele
  • Myelomeningozele
  • Enzephalozele
  • Anenzephalus

Ursachen/Diagnose

Die offene Wirbelsäule wird einerseits durch genetische, andererseits durch Umwelteinflüsse verursacht.

Lediglich 0.1 bis 0.2% der Neugeborenen sind von der Krankheit betroffen. Dabei erhöht sich das Risiko einer Erkrankung auf 4 bis 5%, wenn schon ein Geschwisterkind mit einer offenen Wirbelsäule auf die Welt kam.

Als Umwelteinfluss gilt eine zu niedrige Versorgung mit Folsäure, welche allerdings durch spezielle Nahrungsmittel verhindert werden kann.

Der Wirkstoff Valproinsäure, welcher unter anderem in Medikamenten gegen Krampfanfälle enthalten ist, erhöht ebenfalls das Risiko des Auftretens der Krankheit.


Pränatale Diagnostik

Eine offene Wirbelsäule lässt sich bereits während der Schwangerschaft über die Analyse des Alpha-Fetoprotein-Gehalts im Fruchtwasser diagnostizieren.

Außerdem kann die offene Wirbelsäule auch über eine Ultraschalluntersuchung diagnostiziert werden.

Symptome und Beschwerden

Die unterschieldichen Krankheitsbilder verursachen folgende Symptome:

  • Lähmungserscheinungen der Beine
  • Entleerungsstörungen der Blasen
  • Entleerungsstörungen des Darms
  • sensitive Störungen
  • unnatürliche Stellung der Beine und Füße
  • Wasserkopf

Leichte Formen der offenen Wirbelsäule


Spina bifida occulta und Dermalsinus

Die Spina bifida occulta oder Dermalsinus ist die schwächste Form der offenen Wirbelsäule. Hierbei besteht eine kleine Verbindungsstörung zwischen dem Rückenmarkskanal und der Haut, welche sich oftmals durch einen darüber liegenden Haarbüschel oder Fleck auszeichnet.

Auch bei der leichten Form der offenen Wirbelsäule können durch die offene Verbindungsstörung Bakterien in das Rückenmark eindringen und beispielsweise eine Hirnhautentzündung auslösen. Mehrfach auftretende Hirnhautentzündungen weisen auf einen Dermalsinus hin, der dann lokalisiert und behandelt werden muss. Auch das Nervensystem ist im Falle der Spina bifida occulta unbeschädigt.


Meningozele

Die Meningozele ist eine schwere Form des Dermalsinus. Hier gelangen Rückenmarkshäute durch die Öffnung des Wirbelkörpers nach außen. Dabei dringt jedoch kein Rückenmark nach außen. Über der Wirbelsäule lässt sich an der betroffenen Stelle eine Wölbung unter der Haut ertasten, welche mit Hirnwasser und Rückenmarkshäuten gefüllt ist.

Die Meningozele verläuft in der Regel ohne Symptome, jedoch kann es zu einer Verklebung der Rückenmarkshäute, Nervenfasern und dem Wirbelkörper kommen, so dass die Nerven geschädigt werden können.

Daher muss in der Wachstumsphase die Meningozele regelmäßig kontrolliert werden. Zehenspitzengang oder Schwierigkeiten beim Stuhlgang und Wasserlassen deuten auf eine Nervenschädigung hin.

Schwere Formen der offenen Wirbelsäule


Myelomeningozele

Die Myelomeningozele ist eine der schwersten Formen des offenen Rückens, da hier Rückenmark nach außen tritt. Dies führt zu einer Schädigung des Rückenmarks. Durch das austretende Rückenmark bildet sich eine große Schwellung am unteren Rücken, welche meist mit Haut bedeckt ist (geschlossene Myelomeningozele).

Liegt eine offene Myelomeningozele vor, ist die Hautschicht nicht vorhanden und ein sehr hohes Infektionsrisiko gegeben. Infolge der Schädigung des Rückenmarks kommt es zu Lähmungserscheinungen der Bein- und Hüftmuskulatur.

Oft haben die Patienten angeborene Klumpfüße oder eine Fehlstellung des Hüftgelenks. Die obere Körperhälfte sowie die kognitiven Fähigkeiten sind meist nicht von den Schädigungen des Nervensystems betroffen.

Besonders schwere Formen der offenen Wirbelsäule sind die Enzephalozele und der Anenzephalus. In beiden Fällen leidet der Patient unter starken Nervenschäden und kognitiven Einschränkungen. Erkrankt ein Neugeborenes an der Anenzephalus, beträgt seine Lebenserwartung meist nur wenige Tage.

Verlauf

Der Verlauf der offenen Wirbelsäule richtet sich nach dem Ausmaß der Er­krankung.

Hat man es mit der leichten Form einer offenen Wirbelsäule zu tun, treten oft keine Beschwerden auf. Auch bei anderen Formen des offenen Rückens ist es in vielen Fällen möglich, dass die jungen Patienten ohne starke Einschränkungen leben und das Gehen erlernen können.

Mit einem speziellen Training der betroffenen Bereiche lässt sich ebenfalls die Entleerungsstörung der Blase und des Darms kontrollieren.

Anders sieht es bei einer großflächigen Myelomeningozele aus. Diese beeinträchtigt die Patienten deutlich. Lähmungen der Beine, Fehlstellungen der Hüfte und der Füße, Lungenentzündungen oder Infektionen des Ventils gegen den Wasserkopf sind die Folge.

Jedoch ist die Lebenserwartung oft nicht gesenkt. Die Myelomeningozele kann besonders häufig auftretende Hirnhautentzündungen zur Folge haben, wie den Betroffenen in seiner Lernfähigkeit nachhaltig beeinträchtigen.

Folgeerkrankungen

Die unterschiedlichen Schweregrade der offenen Wirbelsäule bringen verschie­dene Folge­erkrankungen mit sich.


Hydrozephalus

Die Myelomeningozele geht in 80 Prozent der Fälle mit einem Hydrocephalus, also einem Wasserkopf, einher. Das Kleinhirn und der Verbindungsteil zwischen Gehirn und Rücken verlagern sich dabei aus dem Schädel teilweise in die Halswirbelsäule. So wird der Abfluss von Hirn- und Rückenmarkwasser behindert und es bildet sich ein Stau. Hier hilft meist nur noch eine Operation, bei der ein Ventil eingesetzt wird, welches die angestaute Flüssigkeit in das Herz oder das Bauchfell umleitet. Verläuft der Eingriff erfolgreich, kann sich das Kind oft normal entwickeln. Unbehandelt kommt es, durch den steigenden Druck auf das Hirn, zu schweren Komplikationen die zum Tod führen können.


Chronische Hirnhautentzündungen

Wird der Dermalsinus, eine krankhafte Verbindung zwischen Haut und Rückenmark, nicht erkannt, können häufig auftretende Hirnhautentzündung die Folge sein.

Infolge eines nicht erkannten Dermalsinus entstehen wiederholt Infektionen des Gehirns und der Hirnhäute. Er muss daher verschlossen werden.


Nierenschäden

Da die Blase sich nur schwer entleeren kann, kommt es zu Blasenentzündungen, welche zumindest langfristig auch die Nieren betreffen können. Dabei kann ist die komplette Funktion der Nieren gefährdet. Die Blase muss daher immer vollständig entleert werden.


Lungenentzündungen

Ist die Brustwirbelsäule infolge der Erkrankung nach vorn gekrümmt, kommt es zu einer Einengung der Lunge. Dadurch kann sich die Lunge nicht mehr richtig entlüften, so dass sich Bakterien festsetzen und Lungenentzündungen verursachen können.

Therapie

Die Therapie einer offenen Wirbelsäule erfolgt in unterschiedlichen Schritten.


Operativer Eingriff

Wenn die offene Wirbelsäule bereits in der Schwangerschaft diagnostiziert wird, empfiehlt sich ein vorzeitiger Kaiserschnitt. Auf diese Wege kann das Neugeborene schnellstmöglich in einer Spezialklinik behandelt werden.

Befindet sich keine Hautschicht über dem offenen Rücken, wird die Öffnung zuerst steril abgedeckt und später operativ geschlossen, damit es zu keiner Infektion kommt. Gibt es Hinweise auf die Entwicklung eines Wasserkopfes, wird vorsorglich ein Shunt gelegt.

Ebenfalls wird versucht, die Myelomeningozele und wenn möglich auch die Meningozele über eine Operation wieder in den Wirbelkanal zu legen. Wann dies geschieht, ist davon abhängig, wie stark die Beschwerden des Patienten ausfallen.


Krankengymnastik

Nach dem operativen Eingriff folgt die Krankengymnastik. Diese beginnt bereits in den ersten Lebensmonaten. Auf diesem Wege wird eine Verkürzung der Muskeln und Sehnen verhindert. Ziel dieser Krankengymnastik ist es, größeren Einschränkungen im späteren Leben des Kindes entgegenzuwirken.

Auch die Eltern werden in die Therapie einbezogen. Sie sollen ihr Kind gegebenenfalls bei einem Blasen- beziehungsweise Darmtraining unterstützen. Auch in der richtigen Handhabung eines Katheters werden sie geschult. In den meisten Fällen ist es auch hilfreich, wenn die Patienten sowie die Eltern psychologische Unterstützung erhalten.

 


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